Anna Clauß, Spiegel:

Offene Friseursalons sind ein Grund zur Freude. Vor allem aber sind sie der endgültige Beweis für die Machtlosigkeit der deutschen Politik in der Virenpandemie.

Angela Merkel und die Ministerpräsidenten scheinen sich im Kampf gegen das Coronavirus ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie auf eine klare Strategie geeinigt zu haben: Sie geben auf.

Nach neun Stunden Konferenzmarathon konnten sich die Bundesländer mit der Bundeskanzlerin nur auf nur eine einzige konkrete und bundesweit geltende Maßnahme einigen: Am 1. März dürfen Friseure in Deutschland wieder öffnen.

Letztlich sind die offenen Friseursalons nicht nur eine Kapitulation vor dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Öffnungen – aller gesundheitlichen Bedenken und Warnungen vor den mutierten Viren zum Trotz. Sie sind auch ein Ablenkungs­manöver von der erschreckenden Einfallslosigkeit der deutschen Politik. Nicht mal mehr Markus Söder gibt sich Mühe, das zu überspielen. In der Pressekonferenz nach der Ministerpräsidentenkonferenz nannte er das Ergebnis abwechselnd »Vorsicht mit Perspektive« und »Perspektive mit Vorsicht«. Der Besuch eines Friseursalons würde Menschen ein Stück »Würde« zurückgeben. Es klang so, als sollten die Bürger für den Entzug der Bewegungsfreiheit, Berufsfreiheit und Versammlungsfreiheit mit einer Art Grundrecht aufs Haareschneiden entschädigt werden.

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